Tag 3 (Fr 05.06.)
QUEERING ISLAM
Heteronormative Standards wurden im Zuge der Kolonisation in der ganzen Welt verankert – und auch in der islamischen Kultur installiert. So wurde beispielsweise arabische Liebeslyrik, welche die Liebe unter Männern lobpreiste, dem deutschen Leser absichtlich falsch übersetzt: Plötzlich wurde aus dem Knaben eine holde Dame. Die Wissenschaftlerinnen Leyla Jagiella und Saboura Naqshband forschen zu diesem Thema und werden ihre Erkenntnisse teilen. Osmanische Instrumentalmusik aus dem Serail steuert die Gruppe Salsabil aus Berlin bei, die auf Kompositionen von Haremsdamen zurückgreifen.
POSTIDENTITÄRES PRE-ENACTMENT ZUR AUFWEICHUNG KULTURELLER VERPANZERUNGEN
Die Installation HAMAMNESS ist eine 140 Quadratmeter große, realexistierende Heterotopie. HAMAMNESS kombiniert Wellness-Konzepte mit postkolonialem Diskurs und performativen Assoziationen in einer aufblasbaren Raumarchitektur. Vom Ruheraum gelangt man in die Waschzonen, wo die Temperatur bei 45°C liegt und die Luftfeuchtigkeit hoch ist. Physiotherapeuten, Tellaks (Hamam-Bademeister) und Natirs (Hamam-Badefrauen) begleiten die körperlichen Prozesse. Künstler stellen die eine oder andere festgefahrene Gewissheit performativ auf den Kopf und die Diskursgäste lassen in diesem neuartigen kulturellen Klima ihr Wissen ausdünsten. So entsteht eine postmoderne Vielheit, die auftretenden Tendenzen zu Exklusion und Segregation sowie die Rückbesinnung auf den nationalen Kontext kontert, dekonstruiert und erweitert. Mit verschiedenen kulturellen Praktiken werden die Dualismen von Körper/Geist, Mann/Frau, mit/ohne Migrationshintergrund aufgeweicht und abgeschrubbt. Streifen Sie Ihre Alltagskleidung ab und entledigen Sie sich Ihrer kulturellen Verpanzerungen. HAMAMNESS vermittelt neue Körperverständigungen durch die Erzeugung kollektiver Intimitäten. Öffnen Sie ihre Poren, Herzen und Gehirne. Lassen Sie sich ruhig mal den Kopf und die Füße waschen. Schreiben Sie sich ein und tauchen Sie ab in die Heterotopie postidentitärer Wirklichkeiten. Bitte beachten Sie: Badehose, Badeanzug, Bi- und Burkini oder was auch immer Sie drunter tragen möchten, kann gerne mitgebracht werden. Individualisierte Pestemals/Hamam-Tücher werden vor dem Eintritt bereitgestellt. Planen Sie mindestens zwei Stunden für die gesamte Prozedur ein. Alles andere wäre schade.
Weiteres Programm:
Tag 1 (Mi 03.06.): DIVERSIFYING
Tag 2 (Do 04.06.): HYBRIDE KÖRPER
Tag 3 (Fr 05.06.): QUEERING ISLAM
Tag 4 (Sa 06.06.): SONIC DELINKING
Tag 5 (So 07.06.): OTTOFICTION
Tag 6 (Mo 08.06.): SHAVING NEW IDENTITIES
Tag 7 (Di 09.06.): NEW COMMUNITY + NEW RITUALS
Tag 8 (Mi 10.06.): NEW COMMUNITY + NEW RITUALS
Tag 9 (Do 11.06.): TAKTISCHE SOFTNESS
Tag 10 (Fr 12.06.): TROUBLE IN THE BUBBLE: RASSISMUS EINSEIFEN
Tag 11 (Sa 13.06.): TROUBLE IN THE BUBBLE: RASSISMUS EINSEIFEN
Kurzbiografien
SALSABIL wurde 1995 mit der Zielsetzung gegründet, die Makam-Musik, insbesondere die Tasavvuf-Musik (Mystische islamische Musik) zu pflegen. Ihr Fokus richtet sich auf das Osmanische Reich als kulturell hochstehender, religiös toleranter Vielvölkerstaat mit ebenso verwobenem musikalischem Erbe. Sie verfolgen dabei die Spuren berühmter muslimischer, jüdischer und christlicher Komponisten und Musikern diverser Herkunftsländer des Osmanischen Reichs. SALSABIL hat, in wechselnden Besetzungen, auf vielen Festivals und kulturellen Veranstaltungen konzertiert.
Leyla Jagiella ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Religionswissenschaft an der Universität Bayreuth. Sie beschäftigt sich mit Fragen von Orthodoxie und Heterodoxie, Konformismus und Nonkonformismus im Islam. Ihre Forschungsschwerpunkte sind zudem Gender und Sexualität in muslimischen Kontexten und islamische Gegenwartskulturen in Süd- und Südostasien, insbesondere in Indien, Indonesien und Pakistan. Zudem engagiert sie sich in diversen muslimischen progressiven und LGBT-Initiativen in Deutschland und global.
Gefördert aus Mitteln des Elbkulturfonds der Kulturbehörde Hamburg und der Rudolf Augstein Stiftung.
Kartentelefon +49 40 270 949-49
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