Tag 1 (Mi 03.06.)
DIVERSIFYING
Gleich zu Beginn widmet sich der Pop-Up-Hamam queeren Körperkulturen. Die eingeladenen Künstler wenden unterschiedliche Körper- Techniken an, die in performativen Interventionen innerhalb der Waschräume erlebbar sind. Diskursiv begleitet wird dieser Prozess von Nuray und Ahmet Sitki Demir, die in einer Sample-Lesung mit Poesie, wissenschaftlichen und historischen Texten in die komplexe Welt der HAMAMNESS einführen.
POSTIDENTITÄRES PRE-ENACTMENT ZUR AUFWEICHUNG KULTURELLER VERPANZERUNGEN
Die Installation HAMAMNESS ist eine 140 Quadratmeter große, realexistierende Heterotopie. HAMAMNESS kombiniert Wellness-Konzepte mit postkolonialem Diskurs und performativen Assoziationen in einer aufblasbaren Raumarchitektur. Vom Ruheraum gelangt man in die Waschzonen, wo die Temperatur bei 45°C liegt und die Luftfeuchtigkeit hoch ist. Physiotherapeuten, Tellaks (Hamam-Bademeister) und Natirs (Hamam-Badefrauen) begleiten die körperlichen Prozesse. Künstler stellen die eine oder andere festgefahrene Gewissheit performativ auf den Kopf und die Diskursgäste lassen in diesem neuartigen kulturellen Klima ihr Wissen ausdünsten. So entsteht eine postmoderne Vielheit, die auftretenden Tendenzen zu Exklusion und Segregation sowie die Rückbesinnung auf den nationalen Kontext kontert, dekonstruiert und erweitert. Mit verschiedenen kulturellen Praktiken werden die Dualismen von Körper/Geist, Mann/Frau, mit/ohne Migrationshintergrund aufgeweicht und abgeschrubbt. Streifen Sie Ihre Alltagskleidung ab und entledigen Sie sich Ihrer kulturellen Verpanzerungen. HAMAMNESS vermittelt neue Körperverständigungen durch die Erzeugung kollektiver Intimitäten. Öffnen Sie ihre Poren, Herzen und Gehirne. Lassen Sie sich ruhig mal den Kopf und die Füße waschen. Schreiben Sie sich ein und tauchen Sie ab in die Heterotopie postidentitärer Wirklichkeiten. Bitte beachten Sie: Badehose, Badeanzug, Bi- und Burkini oder was auch immer Sie drunter tragen möchten, kann gerne mitgebracht werden. Individualisierte Pestemals/Hamam-Tücher werden vor dem Eintritt bereitgestellt. Planen Sie mindestens zwei Stunden für die gesamte Prozedur ein. Alles andere wäre schade.
Weiteres Programm:
Tag 1 (Mi 03.06.): DIVERSIFYING
Tag 2 (Do 04.06.): HYBRIDE KÖRPER
Tag 3 (Fr 05.06.): QUEERING ISLAM
Tag 4 (Sa 06.06.): SONIC DELINKING
Tag 5 (So 07.06.): OTTOFICTION
Tag 6 (Mo 08.06.): SHAVING NEW IDENTITIES
Tag 7 (Di 09.06.): NEW COMMUNITY + NEW RITUALS
Tag 8 (Mi 10.06.): NEW COMMUNITY + NEW RITUALS
Tag 9 (Do 11.06.): TAKTISCHE SOFTNESS
Tag 10 (Fr 12.06.): TROUBLE IN THE BUBBLE: RASSISMUS EINSEIFEN
Tag 11 (Sa 13.06.): TROUBLE IN THE BUBBLE: RASSISMUS EINSEIFEN
Kurzbieografien
Keith Hennessy
Performer, Choreograf, Dozent und Organisator, wurde in einer Bergbaustadt im nördlichen Ontario (Kanada) geboren, lebt in San Fransisco und arbeitet regelmäßig in Europa. Er ist Direktor des Circo Zero, gewann einen New York Bessie Award (2009) und war Mitbegründer der Performanceräume 848 und CounterPULSE in San Francisco und war Mitglied der legendären Compagnie Contraband von Sara Shelton Mann. Seine besondere Neugier gilt der Improvisation. Seit über 25 Jahren "queert" Keith Hennessy Körper und Bühnen. Er ist Doktorand für Performance Studien an der Universität von Kalifornien in Davis und beschäftigt sich intensiv mit Schamanismus und Trancetechniken.
Jassem Hindi, Performer, Musiker, Dozent und Dramatiker wurde in Saudi-Arabien geboren und studierte Philosophie an der Sorbonne in Paris. Sein Fokus ist eine politische Ausrichtung der Kunst, wobei er in seiner Musik und seinen Performances eine Technik entwickelte, die auf dem Zusammenfügen von gebrochenen Klängen, gebrochenen Objekte und gebrochenen Körpertechniken basiert.
Taoufiq Izeddiou zählt zu den bedeutendsten Choreografen Marokkos. In seinen Arbeiten stellt er gnadenlos das eigene Sein in Frage und kann auch als wütendes Plädoyer für den zeitgenössischen Tanz in Marokko gelesen werden: „Wenn ich gehe, sterbe ich. Wenn ich bleibe, sterbe ich auch. Ich bin wutentbrannt. Ich habe so oft gehört, ‚wer bin ich', dass ich keine Lust mehr habe, es zu sagen. Was ist dein Tanz? Was ist mein Tanz? Bin ich Marokkaner? Afrikaner? Araber? Weltbürger?“, beschreibt Taoufiq Izeddiou seine Identität als offene Wunde. „Aaleef“ meint im Arabischen „ich drehe mich“ und ist gleichzeitig der erste Buchstabe des Alphabets, Symbol des Neubeginns.
Nuray Demir, Kind eines Stahlarbeiters und einer Putzfrau, durfte nicht aufs Gymnasium. Nach längerem dérive studiert sie Zeitbezogene Medien an der HfBK Hamburg. Auslandsaufenthalte an der École Supérieure des Beaux-Arts Marseille und der Akademie der bildenden Künste Wien. Nebenher Tätigkeiten für diverse Galerien, Forschungsprojekte und Universitäten. Als bildende Künstlerin arbeitet sie in interdisziplinären (Forschungs-) Gruppen in Hamburg, Berlin und Istanbul. Sie arbeitet bei Interflugs an der Universität der Künste Berlin und ist Ko-Kuratorin von HAMAMNESS. Sie beschäftigt sich mit Queer_Feminismus und Klassismus in (trans-) nationalen Kontexten.
Ahmet Sitki Demir, 7tes Kind einer Gastarbeiterfamilie aus dem Sauerland, studiert (Anti-) Europäische Ethnologie an der Humboldt-Universität Berlin. Davor Studium Kultur der Metropole an der HafenCity Universität in Hamburg, der Minar Sinan Güzel Sanatlar Üniversitesi in Istanbul und der Koranschule im Hinterhof. Er beschäftigt sich mit Raum- und Simulationstheorien, sowie Glaubens- und Wissenspraktiken. Gearbeitet hat er unter anderem in der Taksim Solidarity Group und Architektenkammer Istanbul. Derzeit jobbt er als Hilfskraft im Forschungsprojekt „Following the Data“ am Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte in Berlin.
Gefördert aus Mitteln des Elbkulturfonds der Kulturbehörde Hamburg und der Rudolf Augstein Stiftung.
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